Wir beeilten uns nicht mit Aufstehen, genossen das eigentlich feine Frühstück und machten uns für die nächste Etappe bereit. Es war kalt am Morgen. Deshalb zog ich mir, trotz des gestrigen Erlebnisses, die langen Funktionshosen unter den Motorradjeans an. Schon beim Anziehen erlitt ich leichte Atemnot, doch ich hielt durch.
Das Navi hatte ich schon am Abend zuvor programmiert, also konnte es gleich losgehen. Auf dem Zufahrtsfeldweg bis zur Hauptstrasse… und dort geradeaus weiter, wieder ein Feldweg. Konnte das sein? Nochmals einen Blick auf die Übersicht auf dem Navi, welche die Strecke bestätigte. Leicht unsicher folgten wir dem Navi durch verschlungene Gässchen durch das Dorf, vorbei an ziemlich erstaunt dreinblickenden Einheimischen. Bald verliessen wir das Dorf und erklommen immer steiler auf immer schmalerer Strasse mit immer nervöserem Sozius die ersten Meter des vor uns liegenden Berges. Rechts abbiegen …. und nach 100 Meter war wieder Schluss mit lustig. Umkehren und zurück, aber glücklicherweise nur bis zur letzten Abzweigung. Weiter den Berg hinauf und nach kurzem erreichten wir die offizielle Passstrasse. So leicht ist ein Sozius zufriedenzustellen.
Auf der SP38, dann SS696, ging es südlich Richtung Celano. Eine schöne Hochebene mit einem etwas weniger schönen Skigebiet. Es war ordentlich frisch. Eigentlich ein Halt wert, doch wir wollten heute weit kommen, und ausser einem Halt zum Auftanken lag keine Verzögerung drin.
Nach gut einer halben Stunde Fahrt, spürte ich das leise Vibrieren meines iPhones. Benno, der Schulhausabwart aus unserer Heimat, am Apparat. Das Schulschwimmbad wurde über das Wochenende nicht aufgeheizt... ☹! So vielseitig können Ferien sein. Mit einigen Emails bei einem Cappuccino und dem Reaktivieren des vom Heizungsinstallateurs ausgeschalteten Schaltschranks konnte ich so Schlimmeres im Schulhausbad verhindern!
Unterdessen waren wir wieder in einer total schönen Hochebene im Nationalpark auf der SR83 unterwegs. Auf der Höhe von 1000 bis 1300m war es noch immer recht kühl. Meine Funktionswäsche schützte mich erfolgreich gegen Schüttelfrost. Nein, sie wärmte nicht, sie erhitzte nahezu.
Übrigens haben wir auch keinen, wie auf den Warnschildern erwähnten Bären, angetroffen. Vielleicht ist es den Bären bekannt, dass mit Funktionswäsche ausgerüstete Motorradfahrer bereits gargekocht sind und somit nicht mehr unter Frischfleisch gehandelt werden… Also braucht man diese nicht mehr zu jagen 😉.
Ziel heute war Campobasso. Damit wir nicht noch mehr Zeit auf kurvigen Panoramastrassen verlieren würden (was ja kein verlieren ist, aber hinsichtlich der gewünschten Ankunftszeit vor 21:00), hatte ich nach den Nationalparks eine Route auf einer schnelleren Strasse gewählt. Ab Nationalpark bis Schnellstrasse hatte ich keinen Zwischenwegpunkt im Navi gesetzt, da wir prinzipiell mit dem Modus «schnellste Verbindung» unterwegs waren. Doch diese schnellste Verbindung entpuppte sich einmal mehr wieder als Feldweg über eine Hügelkette. Etwas einsam unterwegs, sich auf keinen Fall eine Panne wünschend, hatten wir das Gefühl das Ende von Italien erreicht zu haben. Im Gegensatz zum Nationalpark, wo alle 20min ein anderes Fahrzeug zu sehen war, kreuzte uns hier nur eines und zwar genau in der Haarnadelkurve, sicher und gewiss, dass niemand entgegen kommen würde ….. doch dieses eine Auto kam eben genau in DER Haarnadelkurve. Gut, hat man die Augen hinter dem Helm des Sozius nicht gesehen….
Nun ging es auf der Schnellstrasse zügig voran. Irgendwie konnte ich die Psyche der italienischen Autofahrer nicht erfassen. Prinzipiell gilt eine Geschwindigkeitsbegrenzung nicht. Der Mindestabstand zum vorausfahrenden Fahrzeug wird in der Regel eingehalten - also 3 m, egal, ob mit 20km/h oder 120km/h. Überholen macht mit Gegenverkehr mehr Spass, wenn der Gegenverkehr möglichst nahe an der Mittellinie fährt. Der seitliche Abstand beim Überholen von Fahr- und Motorrädern soll 53.2 cm nicht übersteigen.
Die Funktionalwäsche kam heute nach dem Herunterfahren auf 500müM so richtig in Fahrt. Bei 22Grad Aussentemperatur fühlte ich schon 30Grad. Doch mit viel Ausdauer und Schweiss, wollte ich die angepriesene Kühlung der Wäsche auf eigener Haut erleben. Irgendwann musste die Wäsche doch wirken….
In Campobasso angekommen steuerte ich auf ein in Booking.com gesehenes Hotel zu, welches mit 4 Sternen zu einem Preis von 68 Euro und guter Kritik ein Schnäppchen zu sein schien. Der perfekt gestylte Rezeptionist machte mir ein Angebot von 78 Euro. Ich brauchte nur das Stichwort Booking.com einzubringen und der Preis sank um 10 Euro…. Und das immer noch in meiner dampfenden Funktionalwäsche.
Das Hotel war gut, aber sicher keine 4 Sterne wert.
Campobasso hat einige schöne Punkte, z.B. eine Burg auf einem Hügel, aber es ist eher eine typisch italienische Stadt, welche schon bessere Zeiten gesehen hat.
Auf dem Spaziergang durch die Altstadt und Fussgängerzone fanden wir ausser einem Döner-Kebab-Stand nichts, was uns zu einem vollen Magen vor 18:00 Uhr hätte verhelfen mögen. Daher war der Gang in das neben dem Hotel gelegene Einkaufszentrum unsere kulinarische Rettung: Focaccia, Brot, Käse, Aufschnitt und Wasser. Gingen früh und müde zu Bett.